Produktionscontrolling

Eine wichtige Aufgabe des Produktionsmanagement ist neben der Kostensteuerung, die Vorgänge in der Produktion unter technischen und logistischen Gesichtspunkten zu steuern. Produktionsabläufe, Fertigungsverfahren, Wartungsverfahren, Investitionen und Umbauten sind hinsichtlich der anzustrebenden Ziele optimal zu gestalten und zu entwickeln. Die Ziele ergeben sich abhängig vom Zielespektrum der betrachteten Organisationseinheit z.B. Verbesserung der Abläufe, Reduzierung des Fertigungsaufwandes, Verbesserung der Anlagenverfügbarkeit, der Qualität, der Termintreue und analoger Ziele.

Um das Verbesserungspotential zu erkennen, benötigt man Information über Fehlerquellen, zeitliche Abläufe, besondere Ereignisse und Engpässe.

Die klassische Betriebsabrechnung im Kostencontrolling kann diese Daten nur bedingt liefern, denn sie betrachtet fast nur Symptome, nämlich die finanzielle Seite, mit der das tatsächliche Geschehen unzureichend abgebildet wird. Sie hat die Aufgabe, Unternehmensziele durchzusetzen, soweit sie die wirtschaftlichen Aspekte betreffen und Analysewerkzeuge für die Diagnose des gesamten Aufwandes der Produktion zu liefern, nicht aber technische Aspekte zu diagnostizieren und nur selten z. B. Qualitätsziele zu verfolgen.

Zur Erläuterung hier einige Beispiele für Informationen, die von der Betriebsabrechnung nur unzureichend geliefert werden:

  • Fehlerhäufungen bei bestimmten Arbeitsgängen werden nur anhand der Abfall- oder Ausschusskosten ermittelt.
  • Verlängerte Durchlaufzeiten schlagen sich in den Bestandswerten unzureichend nieder.
  • Mangelnde Termintreue wird nie den Ursachen zugerechnet, sondern allenfalls als Pauschalwert mit internen Verzugskosten dargestellt.

Generell gilt, dass besonders die Ursachen nicht oder nur unzureichend erfasst werden. Verteilung der Werte über Zeiträume, die geringer sind als die Abrechnungsperiode (z. B. einzelne Schichten), können nicht dargestellt werden. Daten über die Verfügbarkeit von einzelnen Anlagen und Werkzeugen sind selten Gegenstand des unternehmensweiten Berichtswesens.

Der Unterschied zum Kostencontrolling wird auch dadurch aufgezeigt, dass sich die Berufsorganisation der Controller in den USA, das Contollers Institute of America, 1962 in Financfial Executives Institute umbenannte. Im Technischen Controlling spielen monetäre Größen nur dann eine Rolle, wenn Sie eindeutig als Aufwand für einen definierten technischen Tatbestand zu identifizieren sind.

Kostencontrolling und Produktionscontrolling

Kostencontrolling und Produktionscontrolling

Das Produktionscontrolling dient der Bereitstellung von Daten, die über die von der Betriebsabrechnung erfassten hinausgehen, um Kennzahlen zu bilden, die das Geschehen in der Fertigung und der Werkstatt gezielt darstellen. Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass das Produktionscontrolling im Schwerpunkt von Kennzahlen lebt.

Typische Größen für die Kennzahlenbildung sind:

  • Durchlaufzeiten der Aufträge gesamt und der einzelnen Aufträge
  • Arbeitsvorrat (Anzahl der Aufträge) an den einzelnen Arbeitsplätzen
  • Terminverzug nach Aufträgen aufgegliedert
  • Ausstoß in zeitlicher Verteilung
  • Lagerumschlagshäufigkeit
  • Störungen nach Dauer und Ursache an den einzelnen Arbeitsplätzen
  • Verfügbarkeit
  • Bestände in der Fertigung und am Lager
  • Losgrößen
  • Rüstzeiten und Häufigkeit
  • Messwertverteilungen
  • Ausschussdaten
  • Werkzeugstandzeiten
  • Auslastung der Arbeitsplätze
  • Materialverfügbarkeitsdaten
  • Flächenbedarf

und ähnliche Werte, aus denen in Kombination mit anderen, besonders Zeitwerten, Kennzahlen gebildet werden.

Die Kennzahlen sollen im Produktionscontrolling zur Diagnose des Zustandes der Produktion als Hilfsmittel zur Entscheidung über Maßnahmen zur Zielerreichung dienen.

Außerdem kann mit entsprechenden Kennzahlen, die nicht identisch mit den Kennzahlen zur Diagnose sein müssen, der Grad der Zielerreichung festgestellt werden. Drittens können, als Nebeneffekt, entsprechende Kennzahlen zur Information und Motivation der Mitarbeiter genutzt werden. Viertens können diese Kennzahlen mit den Kennzahlen anderer Organisationseinheiten verglichen werden und damit internes und externes Benchmarking vorgenommen werden. Kennzeichnend für die Vorgänge in komplexen Strukturen ist, dass die Fehler zwar leicht zu entdecken sind, die Ursachen aber vielfältig sein können.

An einem Beispiel soll das erläutert werden.

Die Vorbedingungen für eine termingetreue Produktion sind im Wesentlichen:

  • Informationen und deren Akzeptanz über die Terminvorgaben,
  • eine genaue Planung oder ausreichende Flexibilität,
  • Termintreue der Vorlieferanten,
  • Verfügbarkeit der Werkzeuge, Maschinen und Vorrichtungen.

Termintreue wiederum ist Voraussetzung für kurze Durchlaufzeiten und damit verbunden geringe Lagerbestände. Daraus folgt, dass unter anderem Voraussetzung für zu hohe Lagerbestände die Verfügbarkeit der Werkzeuge zum erforderlichen Zeitpunkt ist. Diese Abhängigkeiten sind ohne ausreichendes Produktionscontrolling nicht zu diagnostizieren.

Grundsätzlich gilt, dass Kennzahlen im Produktionscontrolling Hinweise auf Eigenheiten liefern sollen, die behindernd für die Zielerreichung sind. Nach diesen Gesichtspunkten sind die erforderlichen Kennzahlen zu gestalten. Da nur die Mitarbeiter der jeweiligen Organisationseinheit in der Lage sind, hier gestaltend einzugreifen, müssen die Kennzahlen den Anforderungen der betroffenen Organisationseinheit entsprechen und von diesen definiert und ausgewertet werden. Dass übergeordnete Organisationseinheiten eventuell andere Kennzahlen benötigen, ergibt sich aus dieser Feststellung.

Die einzelnen Betrachtungssichten kann man untergliedern in

  • interne Sachverhalte, die keine direkte Auswirkung nach außen haben, wie die Produktivität und die Struktur der Abläufe
  • Sachverhalte mit gemischten Auswirkungen, die sowohl interne Auswirkungen wie auch direkte Auswirkungen in Bereiche außerhalb des Betriebes haben, wie die Qualität der Produkte (Nachbesserungskosten im Betrieb, Reklamationen von anderen Mitarbeitern) und die Durchlaufzeiten (Lagerbestände im Betrieb, Lieferzeiten nach außen)
  • Sachverhalte, die fast ausschließlich externe Auswirkungen haben, wie Reklamationen und Nachbesserungen.

Die Aufgaben des Produktionscontrollings erhalten eine zusätzliche Bedeutung durch die schnellen Änderungen in allen Lebensbereichen, die unser Zeitalter der Umbrüche und des Wandelns kennzeichnen. Durch schnelle Anpassung der Unternehmensziele an geänderte Voraussetzungen veralten die Erfahrungen aus der Vergangenheit teilweise so dramatisch, dass man von der Erfahrung als Summe der Vorurteile spricht.

Tatsache ist, dass ein Verhalten, das veralteten Zielen entspricht, für geänderte Ziele nicht mehr nutzbar ist. Große Lose, zum Beispiel, um die Ausfälle durch Rüstzeiten zu reduzieren, sind heute meist nicht mehr einzuhalten, womit der Dauer des Rüstvorganges eine neue Bedeutung zukommt. Aus diesem Grunde ist es entscheidend, dass die Kennzahlen der Durchsetzung der von den Unternehmenszielen abgeleiteten Bereichszielen dienen müssen und dementsprechend schnell angepasst werden müssen.

Zum Produktionscontrolling gehören

  • Informationssysteme mit den erforderlichen Datenerfassungsmethoden,
  • Analysewerkzeuge zur Auswertung der Daten mit der Möglichkeit, weitere Kennzahlen zu bilden, sowie tabellarische und grafische Darstellungen zur Information der Mitarbeiter zu erstellen und
  • Kommunikationssysteme zur Verbreitung der Daten und zum Informationsaustausch.

Die Auswertungen können sich auf die aktuelle Situation beziehen, um beispielweise festzustellen, wie die Situation bei einem bestimmten Ereignis war oder kurz-, mittel-, und langfristige Zeitreihen darstellen, um Entwicklungen darzustellen. Diese können dazu dienen, die Auswirkungen von Maßnahmen festzustellen oder Hinweise auf Trends geben, um denen entgegen zu steuern.

Ein umfassendes Produktionscontrolling besteht also aus Kennzahlen und Werkzeugen, diese Kennzahlen darzustellen und auszuwerten, um in der Produktion (im umfassenden Sinn) die Einhaltung von Zielen zu überprüfen und Maßnahmen zu initiieren, die der Zielerreichung dienen.

Das Produktionscontrolling ist nicht Gegenstand einer dafür eingerichteten Organisationseinheit, sondern ein Instrument der produzierenden Bereiche, denen höchstens von den Stabsabteilungen die geeigneten Instrumente zur Verfügung gestellt werden. Nur so können die produzierenden Bereiche die Erkenntnisse gewinnen, die sie für die zielorientierte Ausrichtung ihre Aktivitäten benötigen. Bei Zielen, die nur durch Maßnahmen erreicht werden können, die über die Grenzen der Organisationseinheiten hinausgreifen, werden diese Instrumente auch entsprechend moderner Organisationsformen durch entsprechende Teambildung und Zielmanagement herausgefordert.

 

manufactus GmbH in Kooperation mit Helmuth Gienke

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